18 min read
ZEUGENSCHUTZ IN DEUTSCHLAND: LEITFADEN FÜR ZEUGEN UND ZEUGINNEN VON IN SYRIEN BEGANGENEN VERBRECHEN

ZEUGENSCHUTZ IN DEUTSCHLAND: LEITFADEN FÜR ZEUGEN UND ZEUGINNEN VON IN SYRIEN BEGANGENEN VERBRECHEN

>>العربية

>>English

Klicken Sie auf die Überschrift, um zum Abschnitt zu springen

I. VORAUSSETZUNGEN : Wer kann in Deutschland Zeuge sein?

  • Was ist ein „Zeuge“ und unter welchen Bedingungen kann er oder sie aussagen?
  • Kann der Zeuge eine aktive Partei im Verfahren sein?
  • Was ist der Unterschied zwischen einem Zeugen und einem Nebenkläger?
  • Wie kann ein Zeuge zum Nebenkläger werden?
  • Ist ein Zeuge notwendigerweise unschuldig?
  • Kann gegen einen Zeugen während des Prozesses ermittelt und er angeklagt werden?
  • Muss sich der Zeuge in Deutschland aufhalten?

II. ÜBERBLICK : Rechte und Pflichten als Zeuge in deutschen Strafverfahren

  • Worüber kann ein Zeuge in einem Gerichtsverfahren aussagen?
  • Welche Rechte und Pflichten hat ein Zeuge?
  • Wie läuft eine Zeugenaussage ab? 

III. VORTEILE : Zeugenschutzmaßnahmen in Deutschland

  • Schutzmaßnahmen während des Strafverfahrens: Verschleierung der Identität
  • Schutzmaßnahmen während des Strafverfahrens: Verschleierung des Wohnsitzes
  • Schutzmaßnahmen während des Strafverfahrens: Die Zeugenaussage
  • Außerprozessuale Maßnahmen: Allgemeine Schutzmaßnahmen und Tarnidentität
  • Strafbarkeit des Unterdrucksetzens oder der Bedrohung von Zeugen 

IV. VERFAHREN : Beantragung von Zeugenschutzmaßnahmen in Deutschland

  • Verschleierung des Wohnsitzes oder der Identität des Zeugen
  • Sonstige Schutzmaßnahmen

V. GRENZEN : Was ist zu beachten, bevor man in Deutschland als Zeuge aussagt?

  • Wieso sagt nicht jeder Zeuge anonym aus oder erhält automatisch Schutzmaßnahmen?
  • Kann ein im Ausland befindlicher Zeuge Zeugenschutz bekommen?
  • Kann die Familie eines Zeugen Schutz bekommen?
  • In welchen Fällen ist der Zeugenschutz eingeschränkt oder sogar unmöglich?
  • Kann sich eine Zeugenaussage auf den Asylantrag oder den Asylstatus auswirken? 

VI. HILFREICHE INFORMATIONEN


I. VORAUSSETZUNGEN: Wer kann in Deutschland Zeuge sein?

⚠️
Dieser Leitfaden bietet nur eine allgemeine Übersicht und stellt keine Rechtsberatung dar. Da jeder Fall einzigartig ist, wird Zeugen dringend empfohlen, sich persönlich anwaltlich beraten zu lassen. Hierdurch können ihre Rechte bestmöglich geschützt und ihre spezifischen Interessen berücksichtigt werden.

Was ist ein „Zeuge“ und unter welchen Bedingungen kann er oder sie aussagen?

Ein Zeuge ist eine Person, die in einem Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren über ein Ereignis oder einen Vorgang berichtet. Diese Aussage stellt ein wichtiges Beweismittel dar.

Wenn ein Zeuge durch das Gericht oder von der Staatsanwaltschaft als Zeuge vorgeladen wird, ist der Termin verpflichtend (§ 48 Abs. 1, Abs. 2, § 161a Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO)). Eine solche Vorladung wird in der Regel per Post zugestellt.

Auch minderjährige Personen können als Zeugen geladen werden. Nach deutschem Recht gibt es insofern keine Altersgrenze; auch kleine Kinder können Zeugen sein. Vernehmungen werden altersgerecht durchgeführt. Kinder und Jugendliche werden nie vereidigt.[1]

Kann der Zeuge eine aktive Partei im Verfahren sein?

Ja. Beispielsweise können Zeugen, die Opfer bestimmter “schwerer” Straftaten geworden sind, auch sog. Nebenkläger und damit „aktive“ Verfahrensbeteiligte werden (s.u.).

Bestimmte Rechte und Pflichten (z.B. das Recht auf einen Anwalt, das Recht, sich nicht selbst zu belasten, sowie Anwesenheits- und Aussagepflichten, s.u.) gelten für alle Zeugen. 

Je nach ihrem Alter und/oder Rolle im Verfahren können bestimmte besondere Aspekte berücksichtigt oder Maßnahmen anwendbar sein. So gelten beispielsweise besondere Regeln für Sachverständige und Mitangeklagte sowie für Minderjährige. 

Was ist der Unterschied zwischen einem Zeugen und einem Nebenkläger?

Während sich die Rolle eines Zeugen in der Regel darauf beschränkt ist, auszusagen, kann sich ein Nebenkläger aktiv am Verfahren beteiligen. Nebenkläger:

  • können während der gesamten Verhandlung anwesend sein, auch wenn sie später als Zeugen aussagen (§ 397 Abs. 1 S. 1 StPO);
  • haben das Recht, einen Richter oder Sachverständigen zu abzulehnen, Fragen zu stellen, Einspruch gegen Anordnungen und Fragen zu erheben, Beweismittel zu beantragen und Erklärungen abzugeben (§ 397 Abs. 1 S. 3 StPO);
  • können die Übersetzungen von Dokumenten beantragen, die für das Verfahren und ihre Rechte relevant sind, wenn sie nicht bzw. wenig Deutsch sprechen (§ 397 Abs. 3 StPO);
  • können im Fall eines Freispruchs Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen oder Beschwerde erheben, wenn das Verfahren vor dem Beginn einer Gerichtsverhandlung eingestellt wird (§§ 400, 401 StPO);
  • können, sofern sie Opfer einer schweren Straftat geworden sind (z.B. von Kriegsverbrechen), beantragen, von einem Rechtsanwalt unterstützt zu werden. Sie können auch einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen (§ 397a StPO).

Darüber hinaus können alle Opfer – nicht nur Nebenkläger – beantragen, dass eine von ihnen gewählte Person bei der Vernehmung anwesend ist (§ 406f Abs. 2 StPO). Alle Opfer können zudem beantragen, dass sie psychosoziale Prozessbegleitung erhalten (§ 406g StPO) und ihr Anwalt die Akten einsehen kann, um so Informationen über den Ermittlungsstand zu erlangen (§ 406e Abs. 1 StPO). 

Wie kann ein Zeuge zum Nebenkläger werden?

Ein Zeuge kann zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens Nebenkläger werden – selbst nachdem das erstinstanzliche Urteil ergangen ist (§ 395 IV StPO). Hierfür muss eine schriftliche Erklärung, dass man Nebenkläger werden möchte, bei dem für die Verhandlung zuständigen Gericht abgegeben werden (§ 396 StPO).

Voraussetzung hierfür ist, dass die Person durch eine in § 395 Abs. 1 StPO aufgeführte Straftat verletzt bzw. geschädigt wurde oder ein naher Angehöriger eines verstorbenen Opfers einer solchen Straftat ist. Zudem können Opfer anderer Straftaten ggf. Nebenkläger werden, wenn sie durch die Tat schwere Folgen erlitten haben (§ 395 Abs. 3 StPO). 

Muss ein Zeuge unschuldig sein?

Nein. Auch wenn gegen eine Person ermittelt wird, oder diese Person sogar angeklagt wurde, kann er bzw. sie Zeuge sein (zum Recht zu schweigen und Recht auf einen Anwalt: s.u.). 

Kann gegen einen Zeugen während des Prozesses ermittelt und er angeklagt werden?

Ja. Wenn während der Verhandlung oder in einer davon separaten Ermittlung belastende Informationen ans Licht kommen, kann gegen einen Zeugen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und Anklage erhoben werden.

Dies kann strafbares Verhalten während der Verhandlung betreffen (z.B. die Beteiligung an der Straftat, die vor Gericht verhandelt wird), auf Handlungen in der Rolle als Zeuge beruhen (z.B. einer mutmaßlichen falschen Aussage) oder andere, unabhängige Straftaten betreffen, von denen die Polizei oder die Staatsanwaltschaft Kenntnis erlangt.

Wie jeder andere Beschuldigte hat auch ein Zeuge in einem solchen Fall das Recht zu schweigen und einen Anwalt hinzuzuziehen. Diese Rechte kann er jederzeit geltend machen. 

Muss sich der Zeuge in Deutschland aufhalten?

Nein. Ein Zeuge kann auch dann von der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder einem deutschen Gericht geladen werden, wenn er sich im Ausland aufhält. In der Praxis ist dies jedoch selten. Die deutschen Behörden haben im Ausland keine Befugnisse und können einen Zeugen im Ausland deshalb nicht dazu verpflichten, zu erscheinen. Der Zeuge kann sich weigern zu erscheinen. Es ist jedoch möglich, dass Deutschland das jeweilige Aufenthaltsland um Unterstützung bittet.

Alternativ ist es möglich, dass der Zeuge von einem (deutschen oder ausländischen) Richter im Ausland (§ 223 StPO) oder per Telefon- oder Videoübertragung befragt wird (§§ 247a Abs. 1 Nr. 1, 251 Abs. 2 Nr. 2 StPO; Art. 10 EU-RhÜbk; § 61c, § 91h Abs. 3, Abs. 4 Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG). 

II. ÜBERBLICK: Rechte und Pflichten als Zeuge in deutschen Strafverfahren

Worüber kann ein Zeuge in einem Gerichtsverfahren aussagen?

In einer Aussage schildert man als Zeuge seine eigenen Wahrnehmungen – das heißt: Was, wann, wo und wie etwas geschehen ist. Diese Schilderungen stellen ein wichtiges Beweismittel in einem Strafprozess dar. Eine Zeugenaussage kann sogar darin bestehen, dass ein Zeuge lediglich die Erzählungen einer anderen Person wiedergibt. Der Zeuge sollte jedoch immer deutlich machen, welche Informationen aus seiner eigenen Wahrnehmung stammen und welche von einer anderen Person.

Zeugen dürfen keine Fragen gestellt werden, die sie selbst oder einen nahen Verwandten diffamieren oder ohne rechtlichen Grund ihre Privatsphäre verletzen. Dazu gehören beispielsweise Fragen zum Sexualleben, sofern diese nicht im Zusammenhang mit der angeklagten Straftat stehen (§ 68a Abs. 1 StPO).

Welche Rechte und Pflichten hat ein Zeuge?

Der Vernehmungsbeamte muss den Zeugen vor jeder Befragung über seine Rechte und Pflichten aufklären (§ 57 StPO).

Rechte als Zeuge:

  1. Recht auf einen Anwalt

Jeder Zeuge hat das Recht auf einen Anwalt (§ 68b StPO). Die Kosten muss der Zeuge grundsätzlich selbst tragen. Wird die anwaltliche Vertretung als „notwendig“ eingestuft, können die Kosten als Entschädigung erstattet werden (§ 7 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, § 397a StPO).

  1. Recht auf einen Übersetzer

Ein Zeuge, der kein bzw. wenig Deutsch spricht, hat ein Recht auf einen Übersetzer (§ 185 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Dieser Service ist kostenlos.

  1. Recht, die Aussage zu verweigern und sich selbst oder einen nahen Angehörigen nicht zu belasten

Ein Zeuge muss nicht aussagen, wenn der Beschuldigte ein naher Angehöriger ist. Zu den nahen Angehörigen zählen Verlobte, Ehegatten oder geschiedene Ehegatten sowie eingetragene Lebenspartner. Umfasst sind zudem auch nahe Verwandte (Eltern und Kinder,[3] (Ur-)Großeltern und (Ur-)Enkel, Geschwister, Tanten und Onkel), § 52 Abs. 1 StPO. Hierbei ist irrelevant, ob der Beschuldigte ein biologischer oder angeheirateter Verwandter ist; selbst nach einer Scheidung besteht das Zeugnisverweigerungsrecht weiter. Cousins oder andere entferntere Verwandte sind NICHT eingeschlossen.

Der Zeuge kann zudem die Beantwortung solcher Fragen verweigern, durch deren Beantwortung er sich selbst oder einen nahen Angehörigen in die Gefahr einer Strafverfolgung bringen könnte (§ 55 Abs. 1 StPO). Das Recht, sich nicht selbst zu belasten, umfasst sowohl Straftaten als auch Ordnungswidrigkeiten, etwa Verkehrsverstöße oder das unerlaubte Verlassen des Wohnorts bei Asylbewerbern (§§ 56, 86 Asylgesetz).

Zu beachten ist, dass dieses Recht den Zeugen nicht vollständig von seiner Aussagepflicht befreit. Fragen, mit denen man sich nicht selbst belastet, müssen weiterhin beantwortet werden. Eine vollständige Aussageverweigerung ist nur möglich, wenn der Beschuldigte ein naher Angehöriger ist. Sollten Zweifel bestehen, ob eine Aussage ein solches Risiko birgt, empfiehlt es sich, sich vor der Aussage einen anwaltlichen Rat zu suchen.

Sich auf dieses Recht zu berufen und die Beantwortung entsprechender Fragen zu verweigern, hat keine negativen Konsequenzen, z.B. für das Asylverfahren.

  1. Recht auf Entschädigung

Zeugen haben ein Recht auf Entschädigung für ihren Aufwand sowie Erstattung der Kosten, die ihnen durch ihre Aussage entstanden sind. So werden von einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft[4] zur Aussage geladenen Zeugen die Reisekosten (z.B. Zugfahrt, Unterkunft, Verdienstausfall) erstattet. Entsprechende Belege müssen dem Gericht vorgelegt werden (§ 19 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz). Auch die Kosten für einen Rechtsanwalt können ggf. erstattet werden. 

Pflichten als Zeuge:

  1. Pflicht zu Erscheinen

Wenn ein Zeuge durch das Gericht oder von der Staatsanwaltschaft geladen wird, ist er verpflichtet zu erscheinen (§ 48 Abs. 1 S. 1 StPO, § 161a Abs. 1 StPO).

⚠️
Verpasst der Zeuge einen Termin unentschuldigt, kann dies dazu führen, dass der Zeuge die Kosten des Termins tragen muss (z.B. Anwaltskosten) sowie ein Ordnungsgeld von bis zu 1.000 Euro zahlen muss. Ist der Zeuge nicht in der Lage, das Bußgeld zu bezahlen, kann er stattdessen sogar inhaftiert werden.[5] Zudem kann der Zeuge zur nächsten Befragung polizeilich vorgeführt werden (§§ 51, 70 StPO).

Es ist deswegen sehr wichtig, das Gericht oder die Staatsanwaltschaft schnellstmöglich zu informieren, wenn man als Zeuge verspätet oder nicht in der Lage ist, zum Vernehmungstermin zu erscheinen (z.B. aufgrund von Krankheit).

⚠️
Berufliche oder persönliche Gründe sowie das Recht, die Aussage zu verweigern, sind keine Entschuldigung für das Nichterscheinen.[6]

 Wenn die Vorladung eine polizeiliche Vernehmung betrifft, prüfen Sie das Schreiben sorgfältig:

  • Lädt die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft vor, so ist der Zeuge zum Erscheinen verpflichtet (§ 163 Abs. 3 StPO) (s.o.). Das Schreiben wird deutlich auf die Pflicht zum Erscheinen hinweisen;
  • Wenn die Vorladung nicht im Namen der Staatsanwaltschaft, sondern ausschließlich von der Polizei ausgestellt wird, ist der Zeuge nicht zum Erscheinen verpflichtet. Sagt der Zeuge nicht aus, hat dies keine negativen Konsequenzen. Es ist aber möglich, dass der Zeuge in diesem Fall anschließend durch die Staatsanwaltschaft und somit verpflichtend vorgeladen wird. Möchte der Zeuge aussagen, ist aber an dem von der Polizei vorgeschlagenen Tag oder Zeitpunkt verhindert, kann in der Regel in Absprache mit der Polizei ein neuer Termin vereinbart werden. 
  1. Pflicht zur Zeugenaussage

Zeugen sind grundsätzlich verpflichtet, alle Fragen zu beantworten, die ihnen ein Richter oder Staatsanwalt bei einer Vernehmung stellt (§ 48 Abs. 1 S. 2 StPO, § 161a Abs. 1 StPO). Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Zeuge das Recht hat, die Aussage zu verweigern, z.B.:

  • wenn es sich bei dem Beschuldigten um einen nahen Angehörigen handelt (s.o., wer ein naher Angehöriger ist). Der Zeuge kann sich vor, während oder nach der Aussage auf dieses Recht berufen;
  • wenn die Person einer beruflichen Schweigepflicht unterliegt (z.B. Rechtsanwälte und deren Mitarbeiter, Ärzte oder Psychotherapeuten hinsichtlich Patienten, Journalisten hinsichtlich ihrer Quellen usw.), sind sie in der Regel von der Aussagepflicht befreit (vgl. Liste in § 53, § 53a StPO);
  • wenn die Aussage den Zeugen oder einen nahen Angehörigen belasten würde (§ 55 Abs. 1, 52 StPO).

Hat ein Zeuge zunächst ausgesagt, verweigert aber später aufgrund seiner Beziehung zum Beschuldigten die Aussage, so kann die frühere Aussage nur verwertet werden, wenn er zuvor vor einem Ermittlungsrichter ausgesagt hat (§ 252 StPO).

  1. Die Pflicht zur Wahrheit

Von der Pflicht, die Wahrheit zu sagen, gibt es keine Ausnahmen. Auch wenn ein Zeuge das Recht hat, die Aussage ganz oder auf Fragen zu verweigern, die ihn selbst oder einen nahen Verwandten belasten könnten, bedeutet das nicht, dass der Zeuge lügen darf.

Zeugen dürfen auch nicht bestimmte Teile ihrer Aussage auslassen. Wenn der Zeuge das Recht hat, die Aussage zu verweigern, muss er sich stattdessen auf dieses Recht berufen.

Es ist normal, dass die Erinnerung im Laufe der Zeit ungenauer wird oder sich Gedächtnislücken bilden. Dies ist kein Grund zur Sorge. Es ist wichtig, in der Vernehmung auf solche Erinnerungslücken ausdrücklich hinzuweisen.

⚠️
Falsche Angaben in einer Zeugenaussage können zu schwerwiegenden strafrechtlichen Konsequenzen führen. Eine Verurteilung wegen uneidlicher Falschaussage kann mit einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren bestraft werden (§ 153 StGB).

In Deutschland können Zeugen nach Ende ihrer Aussage vereidigt werden (§ 59 StPO). Das ist jedoch der Ausnahmefall. Zeugen werden nur vereidigt, wenn das Gericht dies für erforderlich hält, weil die Aussage von entscheidender Bedeutung ist oder um den Zeugen zur Wahrheit zu ermahnen. Im Fall einer Vereidigung drohen deutlich höhere Strafen, wenn ein Zeuge falsch aussagt (§ 154 Abs. 1 StGB: mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe).

⚠️
Ist ein Zeuge vereidigt, so ist auch die fahrlässige Falschaussage eine Straftat (§ 161 Abs. 1 StGB).

Hat ein vereidigter Zeuge versehentlich falsche Angaben gemacht, ist es wichtig, die Angaben so schnell wie möglich zu korrigieren.[7] Klärt der Zeuge den Irrtum rechtzeitig auf, führt dies zur Straffreiheit (§ 161 Abs. 2 StGB). Auch wenn eine Aussage absichtlich falsch gemacht wurde, kann die Strafe gemindert oder von einer Strafe abgesehen werden (§ 158 StGB). 

Wie läuft eine Zeugenaussage ab?

Ein Zeuge kann vor verschiedenen Stellen aussagen: bei der Polizei, vor einem Staatsanwalt oder Richter während der Ermittlungen und/oder vor Gericht.

Aussage auf der Polizeiwache:

  • Jeder Zeuge hat das Recht, bei jeder Befragung, auch bei der Polizei, einen Anwalt hinzuzuziehen;
  • Zu Beginn der Befragung fragt der Polizeibeamte nach dem Namen, dem Geburtsdatum und -ort, dem Beruf sowie der Wohnanschrift des Zeugen. Diese Informationen werden protokolliert. Bei Sicherheitsbedenken kann anstelle der Wohnanschrift eine alternative Adresse angegeben werden, unter welcher der Zeuge erreicht werden kann (§ 68 Abs. 2 StPO). Es ist wichtig, die Polizei so schnell wie möglich auf Sicherheitsbedenken aufmerksam zu machen;
  • Die Polizeibeamten stellen anschließend Fragen zu der Straftat und ihren Umständen. Es ist möglich, dass sie auch persönliche Fragen oder Hintergrundfragen stellen;
  • Wurde der Zeuge durch die Straftat verletzt, dokumentieren die Beamten oder medizinisches Personal diese Verletzungen möglicherweise, z.B. durch Fotos. 

Aussage vor Gericht (sofern keine Schutzmaßnahmen gelten):

  • Es ist wichtig, die Vorladung und einen Ausweis/Reisepass zum Gericht mitzubringen. Ist die Anhörung öffentlich, kann der Zeuge zur emotionalen Unterstützung eine vertraute Person, z.B. ein Familienmitglied, zur Anhörung mitbringen. Die Begleitperson kann in dem Bereich des Gerichtssaals Platz nehmen, der für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Sollte die Verhandlung nicht öffentlich sein, was nur selten der Fall ist, kann die Begleitperson im Wartebereich vor dem Gerichtssaal warten;
  • Es ist möglich, dass die Medien über die Verhandlung berichten. Bei einer öffentlichen Verhandlung können Journalisten im Gerichtssaal sitzen. Es ist ihnen jedoch nicht erlaubt zu fotografieren; die Aufnahme von Fotos ist im gesamten Gerichtsgebäude verboten. In Deutschland ist es den Medien aus datenschutzrechtlichen Gründen auch untersagt, den vollen Namen eines Zeugen zu veröffentlichen;
  • Zu Beginn der Sitzung wird das Gericht die Anwesenheit des Zeugen prüfen. Der vorsitzende Richter bittet den Zeugen dann, den Gerichtssaal zu verlassen, bis er oder sie aussagt. Das soll sicherstellen, dass der Zeuge nicht durch vorherige Aussagen anderer Zeugen beeinflusst wird;
  • Bevor der Zeuge aussagt, wird er oder sie zunächst über die Rechte und Pflichten als Zeuge belehrt, insbesondere über die Pflicht, die Wahrheit zu sagen.
  • Spricht der Zeuge kein bzw. wenig Deutsch, wird ein Dolmetscher während der gesamten Aussage anwesend sein. Der Dolmetscher übersetzt Fragen und Antworten simultan;
  • Vor der Aussage wird der Zeuge nach seinem Namen, seinem Alter und seinem Familienstand gefragt und ob er mit dem Angeklagten verwandt ist. Ist der Angeklagte ein Angehöriger, so wird der Zeuge auf sein Zeugnisverweigerungsrecht hingewiesen;
  • Der/die Richter beginnen dann, dem Zeugen Fragen zur Tat bzw. damit zusammenhängenden Umstände zu stellen. Danach können andere Prozessbeteiligte, wie der Staatsanwalt oder der Verteidiger des Angeklagten, Fragen stellen; 
  • Nachdem der Zeuge seine Aussage beendet hat, kann der Zeuge entscheiden, ob er oder sie den Rest der Verhandlung aus dem Zuschauerbereich verfolgen möchte oder nicht.

Ein Strafprozess kann mehrere Monate bis zu Jahren andauern, vor allem, wenn es sich um schwere Straftaten handelt und eine große Anzahl von Zeugen gehört werden. 

III. VORTEILE : Zeugenschutzmaßnahmen in Deutschland

Wenn Sie sich akuter Gefahr befinden, wenden Sie sich bitte umgehend an die Polizei unter der Telefonnummer +49 110 (Notruf). Wenn Sie sich generell bedroht fühlen, können Sie sich auch an einen Rechtsanwalt, Beratungsstellen oder die Zeugenschutz-Dienststellen wenden.

Wenn Sie Zeugenschutz benötigen, ist es wichtig, dies so früh wie möglich bei der ersten Kontaktaufnahme mit Polizei oder Staatsanwaltschaft zu erwähnen, da eine spätere Änderung oder Beseitigung von persönlichen Angaben schwierig sein kann. Aus diesem Grund ist es ratsam, vor der Befragung einen Anwalt zu konsultieren. So kann sichergestellt werden, dass Ihre Schutzbedürfnisse von Anfang an bestmöglich berücksichtigt werden. 

Schutzmaßnahmen während des Strafverfahrens: Verschleierung der Identität

Es ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass ein Zeuge keine Angaben zu seiner Identität oder, falls er eine neue Identität angenommen hat, nur zu einer früheren Identität macht (§ 68 Abs. 3 StPO). Dies setzt voraus, dass die Preisgabe seiner Identität das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit des Zeugen oder einer anderen Person gefährden würde.

Der Zeuge kann zudem sein Gesicht verdecken bzw. sich verkleiden, wenn eine solche Gefahr besteht, z.B. durch das Tragen eines Schals, einer Perücke und/oder einer Sonnenbrille (§ 68 Abs. 3 S. 3 StPO). 

Schutzmaßnahmen während des Strafverfahrens: Verschleierung des Wohnsitzes

Wenn ein Zeuge oder andere Personen, z.B. Familienangehörige, durch die Bekanntgabe seiner Wohnanschrift gefährdet oder unter Druck gesetzt werden könnten, können Maßnahmen zur Verschleierung seines Wohnsitzes getroffen werden:

  • Der Zeuge kann den Behörden eine alternative Adresse nennen, unter der er sicher erreichbar ist. Das kann zum Beispiel die Adresse seines Arbeitsplatzes, seines Anwalts oder einer Opferhilfeorganisation sein (§ 68 Abs. 2 StPO);
  • Bei besonders hohem Risiko kann der Zeuge ganz davon befreit werden, eine Adresse anzugeben (§ 68 Abs. 3 StPO). In solchen Fällen kann die Polizei dabei helfen, eine Adresse für den Schriftverkehr zu organisieren.

Die Behörden müssen dafür sorgen, dass die Identität und Adresse des Zeugen geschützt bleiben (§ 68 Abs. 5 StPO). Insbesondere dürfen diese Informationen weder an den Beschuldigten, seine Verteidigung noch an die Öffentlichkeit weitergegeben werden. 

Schutzmaßnahmen während des Strafverfahrens: Die Zeugenaussage selbst

In der Regel ist das Gerichtsverfahren öffentlich, und der Beschuldigte hat das Recht, während der gesamten Beweisaufnahme anwesend zu sein, um sich verteidigen zu können. In bestimmten Fällen kann das Gericht den Angeklagten jedoch von der Zeugenaussage ausschließen, entweder während der Vernehmung vor dem Richter (§ 168c Abs. 3 StPO) oder während der Aussage in der Hauptverhandlung (§ 247 StPO). Ob diese Maßnahme ergriffen wird, steht im Ermessen des Gerichts.

Auch die Öffentlichkeit kann unter bestimmten Umständen ausgeschlossen werden (§§ 171b, 172 StPO). Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Zeuge über intime Details aussagen muss, insbesondere bei minderjährigen Zeugen oder zu Sexualstraftaten. Ebenso kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, um Gefahren für das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit des Zeugen oder anderer Personen abzuwenden.

Wenn die Vernehmung des Zeugen im Gerichtssaal eine akute Gefahr für sein Wohl darstellt, kann die Aussage an einem anderen geheimen Ort stattfinden (§ 247a Abs. 1 StPO). Die Vernehmung wird dann per Bild- und Tonübertragung live in den Gerichtssaal übertragen. Ob diese Maßnahme ergriffen wird, entscheidet das Gericht.

In Ausnahmefällen kann auch eine vorab aufgezeichnete Aussage des Zeugen im Gericht abgespielt werden (§ 255a StPO). Das ist oftmals der Fall, wenn Minderjährige zu Sexualstraftaten oder Tötungsdelikten aussagen müssen. 

Außerprozessuale Maßnahmen: Allgemeine Schutzmaßnahmen und Tarnidentität

Schutz nach dem Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetz

Schutzmaßnahmen nach dem Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetz (ZSHG) kommen dann in Betracht, wenn die Aussage eines Zeugen sein Leben, seine Gesundheit, seine Freiheit oder bedeutende Vermögenswerte – oder die einer ihm nahestehenden Person – gefährden würde. Voraussetzung ist außerdem, dass der Zeuge für die Ermittlungen oder die Feststellung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten von entscheidender Bedeutung ist (§ 1 ZSHG).

Die Zeugenschutz-Dienststellen können eine neue Identität für den Zeugen erstellen, einschließlich der Beschaffung von Dokumenten zur „Tarnung“ seiner Identität (§ 5 Abs. 1 ZSHG). Diese Schutzmaßnahmen enden nicht automatisch mit dem Abschluss des Verfahrens, sondern bleiben bestehen, solange eine Gefahr für den Zeugen besteht. 

Andere polizeiliche Maßnahmen

Die Polizei kann auch Maßnahmen ergreifen, die nicht direkt mit dem Zeugenstatus einer Person zusammenhängen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Ein Kontaktverbot für Personen, die eine andere Person „stalken“;
  • Ein Platzverweis, bei dem eine gewalttätige Person vorübergehend von einem bestimmten Ort entfernt wird;
  • Die Ingewahrsamnahme einer gewalttätigen Person. 

Strafbarkeit des Unterdrucksetzens oder der Bedrohung von Zeugen

Wird ein Zeuge bedroht oder unter Druck gesetzt, so kann dies je nach Verhalten des Täters verschiedene Straftatbestände erfüllen.

Wenn Sie von einer Straftat betroffen sind und möchten, dass die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden, müssen Sie innerhalb von drei Monaten einen Strafantrag stellen (§§ 77, 77b StGB). Den Strafantrag können Sie bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder einem Amtsgericht einreichen (§ 158 Abs. 1 S. 1 StPO).

Handelt es sich um eine schwere Straftat, ist die Polizei verpflichtet, auch ohne Ihren Antrag zu ermitteln. 

IV. VERFAHREN : Antragsverfahren für die Gewährung von Zeugenschutz in Deutschland

Verschleierung des Wohnsitzes oder der Identität des Zeugen

Es ist wichtig, die Behörden so früh wie möglich über die Gefahr zu informieren, die durch die Weitergabe der Adresse des Zeugen entstehen könnte – zum Beispiel bei der Erstattung einer Strafanzeige oder sobald klar ist, dass der Zeuge aussagen soll. So kann vermieden werden, dass die Wohnadresse des Zeugen in den Akten erscheint.

Das deutsche Recht sieht keinen förmlichen Antrag auf gerichtlich angeordnete Schutzmaßnahmen vor. Stattdessen sollten potenzielle Risiken für den Zeugen oder seine Angehörigen der Polizei oder Staatsanwaltschaft mitgeteilt werden. Das Gericht entscheidet dann nach eigenem Ermessen, ob und welche Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Selbst wenn Schutzmaßnahmen bewilligt wurden, kann die Verteidigung sie im Verlauf des Prozesses anfechten.

Sonstige Schutzmaßnahmen

Zeugenschutz kann bei der Polizei oder der Justiz beantragt werden. Für bestimmte besonders schwere Straftaten, wie etwa Kriegsverbrechen, ist das Bundeskriminalamt (BKA) für Zeugenschutzmaßnahmen zuständig. In allen anderen Fällen übernimmt das jeweilige Landeskriminalamt (LKA) diese Aufgabe. Die Zeugenschutzdienste der Polizei sind für die Schutzmaßnahmen zuständig und unterliegen einer strengen Schweigepflicht (§§ 3, 5 ZSHG).

Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Zeugenschutz oder bestimmte Schutzmaßnahmen. Die Bundespolizei entscheidet nach eigenem Ermessen, welche Maßnahmen notwendig sind, um eine Person vor Gefahren für Leben, Gesundheit, Freiheit oder bedeutende Vermögenswerte zu schützen (§ 66 BKAG). Bei Schutzmaßnahmen, die von der Landespolizei durchgeführt werden, können die Regelungen je nach Bundesland unterschiedlich sein.

Zeugen oder ihre Angehörigen können ihre Zustimmung zu den Schutzmaßnahmen jederzeit widerrufen. 

V. GRENZEN : Was Sie beachten sollten, bevor Sie in Deutschland als Zeuge aussagen

Wieso sagt nicht jeder Zeuge anonym aus oder erhält automatisch Schutzmaßnahmen?

Schutzmaßnahmen, die die Identität eines Zeugen verbergen, können sich auf den „Wert“ seiner Aussage auswirken. Das liegt daran, dass sie das Recht des Angeklagten, sich angemessen gegen die Anklage zu verteidigen, und damit sein Recht auf ein faires Verfahren einschränken können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Zeugen keine Fragen gestellt werden können, etwa weil nur eine vorab aufgezeichnete Aussage gezeigt wird. Aus diesem Grund sind solche Schutzmaßnahmen, die die Identität eines Zeugen verschleiern, eher die Ausnahme als die Regel. 

Kann ein im Ausland befindlicher Zeuge Zeugenschutz bekommen?

Innerhalb der Europäischen Union und in mehreren anderen europäischen Ländern können grenzüberschreitende Zeugenschutzmaßnahmen im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit beantragt werden. Allerdings existiert derzeit noch kein verbindliches System dafür.

⚠️
Schutzmaßnahmen können in der Regel nicht Personen umfassen, die sich in Ländern außerhalb der EU befinden.

Kann die Familie eines Zeugen Schutz bekommen?

Ja. Schutzmaßnahmen können sich auch auf Angehörige oder andere Personen, die dem Zeugen nahestehen (etwa enge Freunde oder Lebenspartner), erstrecken, die sich in Deutschland aufhalten. Diese Personen können Schutz erhalten, wenn die Bereitschaft des Zeugen auszusagen eine Gefahr für ihr Leben, ihre Gesundheit, ihre Freiheit oder ihr Vermögen darstellt. Solche Schutzmaßnahmen erfordern ihre Zustimmung (§ 1 Abs. 2 ZSHG).

Leider können Zeugenschutzmaßnahmen der deutschen Polizei Personen in Drittländern wie Syrien oder der Türkei nicht schützen. 

Kann sich eine Zeugenaussage auf den Asylantrag oder den Asylstatus auswirken?

Die Tatsache, dass jemand als Zeuge aussagt, kann sich grundsätzlich nicht negativ auf seinen Asylantrag auswirken.

Etwas anderes kann der Fall sein, wenn die Aussage Rückschlüsse auf kriminelles Verhalten des Zeugen gibt. Es ist dennoch eher unwahrscheinlich, dass sich eine Zeugenaussage auf das laufende Asylverfahren auswirkt. Ein Asylantrag kann etwa abgelehnt werden, wenn der Zeuge ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko darstellt, z.B. weil er wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt wurde (§ 30 Abs. 1 S. 7 AsylG). Auf Falschaussage unter Eid steht zwar eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug (§ 154 Abs. 1 StGB), doch ist es unwahrscheinlich, dass eine Person allein dadurch als ernsthaftes Sicherheitsrisiko eingestuft wird.

Das bereits gewährte Asyl wird ebenfalls nur in seltenen Ausnahmefällen widerrufen. Die Person muss wegen einer schweren Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt und als ernsthafte Gefahr für die nationale Sicherheit angesehen werden (§ 73 Abs. 5, § 3 Abs. 4 AsylG, § 53 Abs. 3a, Abs. 4, 60 Abs. 8 Aufenthaltsgesetz).

Etwas anderes kann für andere Aufenthaltstitel gelten, z.B. subsidiärer Schutz oder ein Visum. Wird ein Zeuge einer Straftat für schuldig befunden, z.B. weil er unter Eid falsch ausgesagt hat, kann sich dies jedoch auf die Beantragung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels auswirken. Es kann sogar ein Grund für eine Ausweisung sein. Jede strafrechtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten wirkt sich negativ auf eine solche Entscheidung aus (§ 5 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 4, 53, 54 AufenthG).

Auch andere, geringfügige Straftaten können sich negativ auf den Aufenthaltsstatus auswirken. Ein einmaliger, unbedeutender Verstoß reicht in der Regel aber nicht aus, um die Aufenthaltserlaubnis zu gefährden (§ 54 Abs. 2 Nr. 10 AufenthG). Verstöße, die im Ausland begangen wurden, können ebenfalls in das deutsche Asylverfahren einfließen, wenn sie nach deutschem Recht als schwere Straftaten gelten, wie z.B. falsche eidesstattliche Erklärungen.

Wenn Sie als Beschuldigter vorgeladen werden, wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt. Wird Ihnen entweder eine Straftat mit einer Mindeststrafe von einem Jahr vorgeworfen, könnte eine Verurteilung zu Ihrer Ausweisung führen oder werden Sie in Untersuchungshaft genommen, muss Ihnen ein Rechtsanwalt beigeordnet werden (§ 140 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 141 Abs. 1 StPO).

Sollten Sie als Zeuge außergerichtliche Schutzmaßnahmen erhalten, wie z.B. eine neue Identität, muss im Falle einer Ausweisung zusätzlich die Zustimmung der Zeugenschutz-Dienststelle eingeholt werden (§ 72 Abs. 4 S. 2 Aufenthaltsgesetz).

VI. HILFREICHE INFORMATIONEN

Hilfreiche Websites (auf Deutsch):

Menschenrechtsorganisationen:

  • European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR)
  • Weißer Ring e.V. (Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern)

Polizei:

  • Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen (ZBKV) – Teil des Bundeskriminalamts (BKA)

Weltrechtsprinzip in Deutschland (verfügbar auf Deutsch, Englisch und Arabisch):


[1] § 60 Nr. 1 StPO. 

[3] Ob ein Kind ehelich ist oder nicht, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Stiefkinder gehören ebenfalls zum geschützten Personenkreis, auch wenn die Ehe mit dem leiblichen Elternteil mittlerweile geschieden wurde.

[4] Auch Zeugen, die vor der Polizei aussagen, können ggf. Entschädigung erlangen. Dies richtet sich nach dem Recht des jeweiligen Bundeslands.

[5] Vgl. § 51 Abs. 1 StPO, Art. 6 EGStGB. Eine solche Haft kann zwischen einem Tag und sechs Wochen dauern.

[6] Oftmals wird allerdings ein Zeuge nicht geladen, der sich schon vorher auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat.

[7] Der Zeuge muss seine Aussage berichtigen, bevor die Entscheidung ergeht oder ein Ermittlungs- oder Anklageverfahren eingeleitet wird oder bevor dies zu anderen nachteilhaften Folgen für jemanden führt, § 158 Abs. 2 StGB.